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Test Volkswagen Golf 8 GTE (2020): Ist der smarte PHEV der bessere GTI? - Motor1 Deutschland

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Was ist das?

Menschen, die grundsätzlich Smartwatches tragen, am Samstag um 5 aufstehen, um in die Berge zu fahren und sich ernähren, wie ein veganer Fittness-Influencer werden in diesem Auto sicher den Hot Hatch für die 2020er-Jahre sehen.

Klar, den GTE gab es auch schon beim Golf 7, aber nun hat Volkswagen seinen sportlichen Plug-in-Hybrid ordentlich aufgebohrt, ihm 245 PS Systemleistung spendiert und in damit auf eine Stufe mit dem neuen GTI gehievt. Beim Drehmoment schlägt der E (400 Nm) den I sogar um 30 Nm. Ich glaube zwar nicht unbedingt, dass die Fans bald zum GTE-Treffen an den Wörthersee pilgern, aber es ist definitiv ein Statement, wo die Reise in Zukunft hingeht.

Der elektrifizierte Antriebsstrang ist in weiten Teilen aus dem Golf 7 bekannt, wurde jedoch in diversen Bereichen feingeschliffen. Den 1,4-Liter-Turbo-Benziner etwa hat man mit höheren Einspritzdrücken und einem Otto-Partikelfilter Euro 6d-tauglich gemacht. Er leistet nach wie vor 150 PS und 250 Nm.

Laut VW hat man bei der Überarbeitung des Elektromotors von den Erfahrungen aus der Entwicklung von ID.3 und Co. profitiert. So konnte der Wirkungsgrad und damit die Effizienz erhöht werden. Das Aggregat bietet einen Output von 80 kW und 330 Nm. 

Test Volkswagen Golf 8 GTE 2020
Test Volkswagen Golf 8 GTE 2020

Am meisten ist jedoch bei der Lithium-Ionen-Batterie passiert. Sie baut genauso groß und schwer wie im Vorgänger, hat nach wie vor 96 Zellen. Deren Dichte konnte allerdings signifikant erhöht werden, weshalb nun 13 statt wie bisher 9 kWh Speicherkapazität zur Verfügung stehen. 

Ob mit mehr Power und E-Reichweite auch ein Paradigmenwechsel einhergeht, ob ein vernünftiger Kompaktsportler vielleicht wirklich auch mit fettem Akku im Heck funktioniert? Finden wir es heraus.

Na und ist er denn jetzt besser?

Er ist vor allem sehr anders. So anders, dass ein Vergleich aus Sportfahrer-Sicht wirklich nicht besonders viel Sinn macht. Ich bezweifle auch, dass irgendjemand bei VW das jemals in Erwägung gezogen hat. Oder können Sie sich ein Meeting in Wolfsburg vorstellen, wo ein Haufen anzugtragender El Jefes in ihre Mund-Nasen-Masken trötet: "Auf der Nordschleife muss der GTE den GTI aber so richtig rundmachen!"? Jap, ich auch nicht.

Das liegt allein schon daran, dass die Bürde der Elektrifizierung in Form eines 165 Kilo schweren Rucksacks aufschlägt. 135 davon entfallen auf die Batterie. Insgesamt wiegt der neue GTE 1.624 Kilo. Da kann man nicht unbedingt einen leichtfüßig tänzelnden Springinsfeld erwarten. 

"Eine spürbare Schwerfälligkeit gegenüber dem GTI ist definitiv nicht von der Hand zu weisen."

Zudem mag der GTE seinem ikonenhaften Benziner-Zwilling zwar optisch sehr nahe kommen, in puncto Fahrwerkstuning geht er aber nicht so sehr ins Detail. Immerhin sind eine Vorderachs-Differenzialsperre sowie ein Sportfahrwerk ohne Tieferlegung Serie, für 1.019 Euro erhalten Sie das Adaptivfahrwerk DCC inklusive der coolen Dämpferhärte-Einstellleiste im Infotainment.

Das Ergebnis ist relativ vorhersehbar. Genau so stellt man sich einen sportlich angepinselten Golf mit elektrischem Extra-Käse unter der Rückbank vor. Das Fahrverhalten ist leichtgängig, aber sehr satt und präzise. In der Kurve ist der GTE durch das Zusatzgewicht im Boden scheinbar noch weniger aus der Ruhe zu bringen.

Dazu kommt eine leichte, schnelle, sehr akkurate und etwas gefühlsarme Lenkung. Aber eine spürbare Schwerfälligkeit gegenüber dem GTI ist definitiv nicht von der Hand zu weisen. Außerdem könnte sich der ein oder andere Sportfahrer von der nicht abschaltbaren Rekuperationsfunktion der Bremse beeinträchtigt fühlen. So einfach ist das dann eben doch nicht mit der Zukunft der Dynamik.

Man kann mit dieser Art des Fahrens dennoch ganz hervorragend leben. Für den Alltag ist es schwer, sich etwas Besseres vorzustellen. Auch weil das DCC-Fahrwerk einen vortrefflichen Mix aus Exaktheit und Komfort hinbekommt. Der GTE fühlt sich wendig und mühelos und sehr gut gefedert an. Aber für ein kühnes Hot-Hatch-Erlebnis fehlt dann schon noch eine ordentliche Prise Pfeffer.

Ich gehe davon aus, sowohl dem Erfinder als auch 99 Prozent der Kundschaft wird der letzte Satz so egal sein, wie nur irgend möglich. Der Star dieses Autos und der Hauptgrund für dessen Erwerb sitzt nämlich ganz woanders. Quer zwischen den Vorderrädern, um genau zu sein.

Spürt man die Extra-Power?

Absolut. Gegenüber dem Golf eHybrid mit 204 PS und 350 Nm Systemleistung legt der GTE gefühlt eine ganze Schippe drauf. Der 0-100-km/h-Wert von 6,7 Sekunden ist eine halbe Sekunde besser. Der Golf 8 GTI liegt bei 6,2 Sekunden, aber dank des ansatzlosen Schubs, den die E-Maschine beiträgt, kribbelt es von unten raus im Magen deutlich stärker als beim reinen Verbrenner. 

Wobei man hier tatsächlich ein wenig unterscheiden muss, denn VW hat die Intensität des Schubs in den verschiedenen Fahrmodi sehr deutlich differenziert. Im Sport-Modus drückt der GTE mit wesentlich mehr Nachdruck als in Comfort oder Eco. 

Test Volkswagen Golf 8 GTE 2020

Die sehr frühe Verfügbarkeit des stattlichen Drehmoments bringt jedoch nicht nur Vorteile. Beim Beschleunigen aus engen Ecken heraus stößt die Vorderachse mit der elektronischen Sperre (XDS) recht zügig an ihre Traktionsgrenze. Bei Nässe heißt es auch auf der Geraden: Wenn Sie den Pinsel voll durchdrücken, dann halten Sie Ihr Sportlenkrad lieber gut fest. 

Das relativiert sich natürlich recht schnell. Überholvorgänge auf Landstraße oder Autobahn sind in diesem Auto eine helle Freude. Erst ab etwa 140 dürfte der GTI deutlicher davon ziehen. Irgendwann merken Sie halt einfach, dass der Co-Artist dann doch nur 1,4 Liter Hubraum hat. Wenn der E-Boost nachlässt, quält sich der 150-PS-TSI ein wenig, auch akustisch. Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit 225 km/h ebenfalls niedriger. 

Das Doppelkupplungsgetriebe, im Hybrid-Fall weiterhin mit sechs Gängen, hinterlässt einen hervorragenden Eindruck - blitzschnell, sehr sauber, absolut ruckfrei.

Was ist mit dem Verbrauch? Deswegen kauft man dieses Auto doch ...

Dazu sollten wir wohl erst mal einen kleinen Ausflug in die Welt der GTE-Betriebsmodi unternehmen. Wo beim Vorgänger noch fünf Antriebsmöglichkeiten für Verwirrung sorgten, haben die Entwickler das Ganze beim 8er GTE nun auf zwei Stufen zusammengestutzt. 

Sie drücken im Fahrmodus-Screen des Infotainmentbildschirms jetzt also entweder auf "E-Mode" oder "Hybrid" (gestartet wird immer rein elektrisch). Rechts daneben werden Sie zusätzlich einen Batterie-Balken und zwei Pfeile finden. Damit können Sie einstellen, wie viel Prozent der Ladung das System für Sie aufheben soll. 

Als verdammt clever erweist sich zudem die sogenannte "prädiktive Hybridstrategie". Vor allem für Menschen wie mich, die viel zu faul sind, etwaige elektrische Restreichweiten auszurechnen oder die beste Fahrweise für die nächste längere Reise auszuklamüsern. Hier nutzt der GTE die Navigationsdaten so, dass die elektrische Reichweite am Ende der Fahrstrecke voll ausgenutzt wurde. Sie trudeln dann also mit einem Prozent Rest-Akku ein, wenn Sie das möchten.

Außerdem erkennt das System Kreisverkehre, Ortseinfahrten, Tempolimits, langsamere Fahrzeuge vor Ihnen etc. und übernimmt die passende Rekuperation selbständig. Sehr tief im Menü-Dschungel sind noch zwei weitere Rekuperationsstufen versteckt (sanft und stark), aber mit der Machtübernahme des Assistenten kann man glaube ich ziemlich gut leben. 

Ganz toll, wirklich. Aber wie sparsam ist er denn jetzt?

Um Ihnen einen Eindruck zu geben, wie das alles im Alltag aussehen könnte, hier einfach mal die Erfahrungen aus meiner 140 Kilometer langen Testfahrt mit Anteilen von Autobahn, Landstraße und Stadtverkehr. Ich habe nicht wirklich auf den Verbrauch geachtet und .. hüstel .. das Testen des Beschleunigungsvermögens überaus ernst genommen:

Die ersten fünf Kilometer in der Stadt fuhr ich rein elektrisch. Das funktioniert mit eher mäßigem Durchzug und bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h. Die E-Reichweite gibt Volkswagen mit 62 Kilometer an, allerdings laut NEFZ. Um die 45 bis 50 Kilometer sollten also realistisch sein.

Test Volkswagen Golf 8 GTE 2020

Anschließend ging ich in den Hybrid-Modus, wechselte häufiger zwischen Comfort- und Sport-Programm und ließ den prädiktiven Reichweiten-Lakaien sein Ding machen. Am Ende kam ich mit ziemlich punktgenau geleerter Batterie in Wolfsburg an und erreichte einen Durchschnittsverbrauch von 4,4 Liter.

Gegenüber den einmal mehr absurden 1,7 Liter, die Volkswagen angibt, klingt das nicht besonders schmeichelhaft. Aber drehen Sie den Spieß einfach mal um. Will sagen: Finden Sie einen Kompaktsportler mit 245 PS, der Sie - flott gefahren - mit unter viereinhalb Liter im Schnitt von A nach B bringt. Könnte schwierig werden, oder?

Was muss ich sonst noch wissen?

Auch das Interieur des GTE ähnelt weitgehend dem des GTI. Das umfasst die fummelige Touch-Bedienung des Infotainments (über die wir uns beim Test des GTI wohl schon zu Genüge ausgelassen haben), aber genauso dessen absolut herausragende Sportsitze, die großartigen digitalen Instrumente und die insgesamt tolle Ergonomie. Der Kofferraum ist mit 272 bis 1.126 Liter allerdings gut 100 Liter kleiner. 

Preislich startet der neue Golf GTE bei 41.667 Euro. Damit liegt er etwa 6.000 Euro über dem GTI. Die 4.000 Euro staatliche PHEV-Förderung noch nicht abgezogen. Zudem sollte erwähnt werden, dass der sportliche Plug-in-Golf mit einer relativ üppigen Serienausstattung daherkommt. 

Test Volkswagen Golf 8 GTE 2020

Mit dabei sind das Digital Cockpit Pro, das Navigationssystem „Discover Media“ inklusive  Streaming, Internet und DAB+, Telefonschnittstelle mit induktiver Ladefunktion und Sprachbedienung.

Dazu kommen eine Verkehrszeichenerkennung, der „Travel Assist“ für das assistierte Fahren bis 210 km/h (inklusive automatischer Distanzregelung „ACC“ und Spurhalteassistent„ Lane Assist“), ein Notbremsassistent, eine Klimaautomatik, eine Rekuperationsfunktion, das lokale Warnsystem „Car2X“, Keyless Start, LED-Plus-Scheinwerfer und LED-Rückleuchten sowie 17-Zoll Leichtmetallräder.

Soll ich ihn kaufen?

Der GTE ist sicher attraktiver denn je. Und da haben wir den Firmenwagen-Steuervorteil noch gar nicht berücksichtigt. Wobei wohl nur die wenigsten diesen Bonus nutzen werden. Volkswagen selbst sagt, dass der GTE in den meisten Unternehmenslisten gar nicht auftaucht. Das sei dann der Job des günstigeren und dezenteren Golf eHybrid.

Ansonsten fährt hier ein Auto, dass von der Leistungsentfaltung her überzeugt und im Handling absolut solide bis dynamisch ist, auch wenn Sie keinen reinrassigen Kompaktsportler erwarten sollten. 

Die prädiktive Hybridstrategie ist ein echter Gewinn im Alltag, der Durchschnittsverbrauch dieses "Sportlers" kann sich unserer Meinung nach sehen lassen. Der Rest ist halt Golf. Im besten Sinne. 

Mich persönlich überzeugt der GTE gemessen an seinem vorgegebenen Persönlichkeitsprofil mehr als der neue GTI. Das macht schon Lust auf mehr. Aktuell ist die Elektrifizierung hauptsächlich ein Beschleunigungs- und Verbrauchs-Booster. Wenn man jetzt noch die Gewichtsnachteile in den Griff bekommt, wird das in Zukunft sicher richtig richtig spaßig. 

Fazit: 8/10

+ ansatzlose, überzeugende Beschleunigung

+ sehr intelligente, vorausschauende Antriebs-Strategie

+ extrem erwachsenes, präzises Fahrverhalten

- animiert nicht unbedingt zum Kurvenräubern

- gewöhnungsbedürftige Bedienung




August 27, 2020 at 07:48PM
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